Bezirksgeschichte

Haus Stoessl

Das Haus wurde von Adolf Loos 1911 für die dreiköpfige Familie des Schriftstellers Otto Stoessl errichtet.

„Das Häuschen lag auf einem Rosenbühel des westlichen Gebietes, hart am Rande der Tiergartenberge, und auf einer mäßigen Wiesenhöhe an der Stelle eines einstigen Weinberges (...). Tiefer im nördlichen Grunde und nordöstlich lagen die äußersten Fabriksviertel der Stadt, näher unten das Örtchen Ober-St. Veit (...). An diesem Bühel lagen lauter ähnlich geratene, kleine weiße Häuser inmitten kleiner, sorgfältig gepflegter Gärtchen.“



Das für die dreiköpfige Familie des Schriftstellers Otto Stoessl (1875–1936) auf einer Grundfläche von 9,20 m x 10,40 m (Gesamtwohnfläche ohne Keller 250 m2) erbaute Haus besitzt vier nutzbare Geschoße. Dies gelang – möglicherweise auf Wunsch des Bauherrn – durch den Aufbau eines Mansarddaches, in welchem zwei Geschoße untergebracht werden konnten. Die Südansicht des ersten Dachgeschoßes zeigt eine Terrasse sowie eine feingliedrige, ursprünglich durch Schiebefenster erfolgte Verglasung der in diesem Bereich mit Holz verschalten Verandawand. Dies, die Dachform selbst sowie die Fensterläden aus Holz mildern die Strenge des sonst glatten, kubischen Baues. Die Südfassade ist die einzige fast gänzlich symmetrisch gestaltete, während die übrigen unregelmäßig eingesetzte und verschieden gegliederte Fenster aufweisen.



Der vor allem gegen Norden wegen der Hanglage relativ hoch aufragende Bau ist an dieser Außenseite durch ein großes Mansardfenster, das zur Belichtung der Bibliothek diente, akzentuiert.



Die Lage des Hauses ist so gewählt, daß in den Räumen zu allen Jahreszeiten, besonders jedoch während des Winters, optimale Lichtverhältnisse herrschen.

Der Haupteingang und auch der Eingang vom Garten aus waren ursprünglich durch Rundbögen abgeschlossen, wurden jedoch von Loos im endgültigen Entwurf zu Eingangsbereichen mit gerader Überlage und S-förmig eingeschwungenen, grob geschlemmten Gewänden abgeändert.



Im Einreichplan befand sich im Erdgeschoß eine Vorhalle, von der aus die Garderobe mit anschließendem WC, das Dienerzimmer und der großzügig dimensionierte Wohnraum sowie eine als Raum ausgebildete Anrichte mit Speisenaufzug erreichbar waren. Von dem Wohnraum führte eine Treppe mit offener Spindel, die den Eindruck einer englischen „hall“ vermittelte, in das erste Obergeschoß. In der tatsächlichen Ausführung wurden Diele, Küche, Speisezimmer mit Aufgang in den ersten Stock und Waschküche in das Erdgeschoß gelegt; die im Einreichplan im Keller eingezeichnete Küche mußte der in der endgültigen Planung dort untergebrachten Warmluftheizung weichen.



Jeden ersten Sonntag im Monat versammelten sich jahrelang die eingeladenen Freunde des Hauses – unter ihnen Oskar Laske, Ernst Krenek und Alban Berg – im Eßraum. In ihm war das von Loos entworfene Speisezimmermobiliar aus der alten Wohnung in der Auhofstraße aufgestellt. Es bestand aus einem ausziehbaren Tisch mit Sesseln, einer Eckbank, einem Buffet, einer Anrichte, einem Geschirrkasten und aus einer Vitrine.



Dieser Raum mit repräsentativem Aufgang in den ersten Stock diente auch als kleiner Theatersaal, in dem in den frühen zwanziger Jahren u. a. Kinder und Jugendliche der „Ober-St. Veiter Theaterfreunde“ spielten. An der Aufführung „Turandot“ wirkten neben dem Sohn Otto Stoessls und anderen auch die späteren Architekten Walter Jaksch und Roland Rainer mit. Im ersten Obergeschoß befinden sich das Bad, die Schlafräume und eine Garderobe. Die Decken des Badezimmers, der Garderobe und des Ganges sind abgesenkt, um dem darüber befindlichen Arbeitsraum mehr Höhe (2,80 m) zu gewähren.



In der Innenausstattung fällt die extreme Nutzung des Raumes z. B. durch Einbaukästen, Fächer und Garderobewände auf. Sogar zwischen den Dachsparren ist Stauraum durch verschließbare Fächer genützt. In der Bibliothek befindet sich ein aus Weichholz gefertigter, dunkel gebeizter und bis zur Decke reichender Bücherverbau. Zum Teil existieren in diesem Raum Möbel in englischer Tradition wie auch Erzeugnisse der Wiener Ausstatterfirma Friedrich Otto Schmidt, die öfter für Loos arbeitete. Diese Einrichtungsgegenstände stammen ebenfalls aus der 1900 von Loos für Otto Stoessl eingerichteten Wohnung in der Auhofstraße. Ein Speisenaufzug von der Küche im Erdgeschoß führt bis in dieses Bibliothekszimmer. Das alte, nach außen öffnende Doppelfenster wurde – in Angleichung an die alte Form – durch eine nach innen zu öffnende Konstruktion ersetzt.



Die um drei Stufen erhöhte Veranda, die Otto Stoessl als zusätzlicher Arbeitsraum diente, ist heute für eine kleine Küche abgeteilt. Das Geländer der vorgelagerten Terrasse besteht nicht mehr in der ursprünglichen Form.

Das abfallende Gelände im Garten war durch mehrere steinerne Stufen gegliedert und gestützt.

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