Das Schauspiel in Hietzing
Das Neujahr wurde angesungen, Fastnachtspiele zu Fasching und Passionsspiele zu Ostern aufgeführt.
Den einzigen Beweis für das Schauspiel im 16. Jhdt. verdanken wir Mathias Fuhrmann in seiner Chronik 1739. In Lainz, Hietzing, Penzing und Hütteldorf wurde bis zum Barock ein reges, dem Jahresablauf angepasstes Schauspielwesen betrieben. Das Neujahr wurde angesungen, Fastnachtspiele zu Fasching und Passionsspiele zu Ostern aufgeführt. Das Weihnachtsgeschehen wurde schauspielhaft im Gemeindehaus oder in der Dorfschenke aufgeführt. Den Ursprung hatten diese Volksstücke in der Renaissance und der größte Förderer war der Humanist auf dem Kaiserthron Kaiser Maximilian I., der einst das Hackinger Schloss gegenüber dem St. Veiter der Nächtigung vorzog.
Die Renaissance war das Erwachen des Individualismus und der irdischen Wirklichkeit und entsprechend war auch das Schauspiel. Diese zum Teil heidnischen Lebensfreuden im Volksschauspiel wurden aber durch das Barock verdrängt.
Die großen Barocken Prediger Abraham a Santa Clara (der sich unter anderem in Hacking und St. Veit aufgehalten hat) und der Evangelist Paul Gerhardt, die im Gedankengut der Bergpredigt – dem Geist von Cluny und der Kreuzpredigt von Clermont fortsetzten – predigten ihr „momento mori“ (mitten des Lebens sind wir des Todes) so gewaltig, dass Ferdinand von der Saar, Raimund (Hobellied) und Hugo von Hoffmannsthal (Jedermann) noch beeinflusst waren. Die Paradeisspielbeschränkungsverordnung von 1719 gab den Volksaufführungen letztlich den Todesstoß. In ganz Österreich wurden in der Folge nur Jesuitendramen aufgeführt, aber Hietzing hatte eine Besonderheit, denn in den Orten des Bezirks gelangten nur Benediktinerdramen zur Darstellung.
Für das Barock hatte Hietzing eine besondere kulturelle und theaterhistorische Bedeutung. Das am 4.10.1747 mit dem Lustspiel „Le dissipateur“ (Der Verschwender) von Destouches eröffnete Schönbrunner Schlosstheater, ist nicht nur das älteste, sondern auch Europas einzig erhalten gebliebenes Barocktheater.
Der Quellenschriftsteller des Theaters, Adolf Bäuerle, lässt 1791 das Penzinger Theatergebäude (heutige Nissegasse 1) abbrennen, obwohl es erst laut Bürgerspitals-Gerichtsprotokoll 1792 errichtet wurde.
In dem von Bartholomäus Malanotti 1817 eröffneten Schauspielhaus, in der heutigen Trauttmannsdorffgasse (Bezirksgericht) trat am 17.08.1817 Ferdinand Raimund als „Staberl“ in Bäuerles „Bürger von Wien“ auf.
Im Jahre 1874 feierte das Theater in Speising sein 50-jähriges Bestehen, folglich musste es 1824 gegründet worden sein. In den letzten Jahren des Speisinger Sommertheaters, in der Fehlingergasse 31, gelangte jährlich „Der Schneider von Speising“ oder „Der Vetter aus Steiermark“ zur Aufführung. Der Eintrittspreis zu diesen Stücken war 15 Kreuzer, zu den Räubern jedoch 40 Kreuzer.
Bemerkenswert ist auch die Theatergruppe „Edelweiß“ in Ober St. Veit. Hier wurde der spätere Direktor der 1909/10 erbauten Wr. Urania, Karl Jäger, von Direktor Bukowics vom Deutschen Volkstheater entdeckt. Karl Jäger, von dem das Gedicht 2Gruß an Ober St. Veit stammt, war es, der Wanderbühnen, Schauspieler und Volkskunst salonfähig machte.
Die Theatergruppe Ober St. Veit „Dilettanten“ wurde als dritte Gruppe seit 1945 im Jahre 1972 gegründet. Die Laienschauspieler brachten aus einer gewissen Tradition heraus Aufführungen im Fasching, Sommer und Spätherbst. Vielen sind noch die Freilichtaufführungen im Barockhof des ehemaligen erzbischöflichen Palais am Wolfrathplatz, wie 1973 Moliere’s „Scapins Streiche“ oder 1974 Calderons 2Dame kobold“ in Erinnerung. Daneben hatte sich die Gruppe Johann Nestroy und Anton Tschechow verschrieben. Die aktivierende Kraft war Otto Svabik und Karl Hans Benes. Die „Dilettanten“ waren durch den mitwirkenden Marian Dermota, Spross des Kammersängers Anton Dermota, bestens beraten.