Adolf Loos (1870–1933)
Der Erneuerer der Architektur errichtete in Hietzing fünf Einfamilienhäuser.
Er schuf 1921 den nur in Ansätzen verwirklichten Bebauungsplan der Siedlung Friedensstadt und innerhalb derselben vier Reihenhäuser sowie 1930–32 zusammen mit Heinrich Kulka die vier Häuser in der Werkbundsiedlung.
In der Wattmanngasse 11 befindet sich seit 1917 eine von ihm 1912 für Dr. Valentin Rosenfeld geplante Wohnungseinrichtung. Eine weitere von ihm stammende Innengestaltung einer Wohnung, die im Haus Beckgasse 16 lag, existiert nicht mehr; ein in der Neblingergasse geplantes Haus für Dr. Hugo Bojko – der Vertrag über die Planung wurde 1929 geschlossen – ist nicht gebaut worden.
"Loos war der feuerspeiende Vulkan, der in regelhafter Gesetzlichkeit dasselbe wiederholt – die Wahrheit, die sich nie ändert." Loos kämpfte – kompromißlos, einsam und mit vielen Rückschlägen – in seinen Schriften und in seinem baulichen Werk für ein dem „modernen Menschen” entsprechendes kulturelles Umfeld, in dem die Architektur nur ein Teilbereich ist. In schonungsloser Fragestellung nach dem einer Zeit entsprechend Notwendigen und Nützlichen, jedoch in Anerkennung des traditionell Bewährten, verstand er seine Arbeit als Dienst am Menschen.
So bedauerte Loos auch den Verlust eines alten Hietzinger Hauses, das einer Erweiterung des Parkhotels zum Opfer fiel und 1914 abgerissen wurde, und schrieb in diesem Zusammenhang: „Welche kultur war in diesem hause, welche vornehmheit! Wie wienerisch, wie österreichisch, wie menschlich! Und daher: wie hietzingerisch!"
Auffallende Merkmale der Tätigkeit von Loos sind:
Eingehende Material- und Handwerkskenntnis – er absolvierte während seiner Ausbildung an der Höheren Gewerbeschule in Reichenberg (Böhmen) auch ein Maurerpraktikum – sowie unnachahmliche Sensibilität bei Materialauswahl und -anwendung; Ablehnung der Verschwendung von Raum, Material und Arbeitskraft; Bedachtnahme auf Dauerhaftigkeit nach dem Postulat, eine Sache müsse ästhetisch so lange gültig sein, so lange sie physisch existiert; entschiedene Haltung gegen das wuchernde, willkürlich angewendete Ornament, präzisiert in seinem 1908 gehaltenen Vortrag „Ornament und Verbrechen", wobei der Kampf gegen das Ornament „nicht als Kampf für die glatte Fläche, sondern gegen jede Form, die nicht Gedanke ist" zu verstehen ist; bewußtes Zurückgreifen „auf den 'kubischen Stil' des Spätklassizismus" sowie außerordentliche Fähigkeit, raumsparende, kompakte und zugleich großzügig wirkende Entwürfe vor allem im Bereich des Einfamilienhauses zu entwickeln.
Der Raumplan
Von entscheidender Bedeutung dabei ist eine als „Raumplan” bezeichnete Gliederung des Bauvolumens. „Denn das ist die große revolution in der architektur: das lösen eines grundrisses im raum!"
Bei diesem „Raumplan” weisen die in verschiedenen Niveaus liegenden, aber an kein durchgehendes Stockwerk gebundenen Räume eines Hauses je nach Zweck und Größe unterschiedliche Höhen auf. Innerhalb des auf das äußerste genutzten Baukörpers ergeben sich dadurch variationsreiche Raumerlebnisse. Loos' gleichzeitiges Vorstellen und Planen von „Innen” und „Außen” ermöglicht in sich stimmende, ganzheitliche Lösungen. Es war seine Absicht, die zentral gelegene Raumgruppe innen von verschiedenen Höhen aus erlebbar zu machen. Die reiche Raumfolge ist am Außenbau infolge der Strenge des Kubus nicht ablesbar. Erst später, im Haus Moller in Wien 18., Starkfriedgasse 19 (1927/28) oder im Haus Müller in Prag 18., Stresovicka 842 (heute 820, 1928 30), dringen Raumteile in Form von Erkern nach außen. Die blockhafte Wirkung bleibt jedoch bestehen.
Wesentlich für die komplexe Gestaltung des Gebäudeinneren ist der Weg durch das Haus als Ablauf von Eindrücken und damit die bewußte Bedachtnahme auf die vierte Dimension, die Zeit.
Ein Ausgangspunkt für diese Art der Planung war die wandlose Aneinanderfügung eines größeren und höheren Zimmerbereiches für Gemeinsamkeit und eines kleineren, niedrigeren Bereiches für die Möglichkeit, sich zurückzuziehen, wie dies beispielsweise auch in der von Loos geschätzten Tradition des englischen Landhauses begründet liegt. Dort z. B. wird der niedrigere Kaminbereich in den höheren Wohnraum integriert, und die „hall” besteht aus einem zweigeschoßigen, in halber Höhe von Galerien umgebenen Raum. Dieses Prinzip der Verbindung von zwei oder mehreren unterschiedlich hohen Bereichen in einem „Raum” ist je nach Absicht auf verschiedenste Weise variierbar.
Die frühesten konsequenten Anwendungen eines „Raumplanes” durch Loos erfolgten 1918/19 im Haus Strasser (-> Haus Strasser) sowie 1922 im Haus Rufer (-> Haus Rufer).
In der Nachfolge von Adolf Loos haben sich vor allem sein Schüler und späterer Mitarbeiter Heinrich Kulka (-> Haus Weissmann, 1933), Josef Frank (-> Wenzgasse 12), Ernst A. Plischke, Richard Neutra (-> Werkbundsiedlung) und Rudolf M. Schindler (Otto Wagner-Schüler und Mitglied der Bauschule von Loos) in seiner als „Space Architecture” bezeichneten Auffassung mit dem „Raumplan” auseinandergesetzt und die ihm innewohnende Gestaltungsidee in modifizierter Form angewendet. Seither ist diese Art einer Raumgliederung bei verschiedenen österreichischen Architekten der Gegenwart, z. B. bei Hermann Czech oder Luigi Blau, entsprechend abgewandelt, wesentliches Gestaltungselement.
Neben der Idee des „Raumplanes” haben jedoch auch andere, oben bereits erwähnte grundlegende Bauvorstellungen von Loos auf die weitere Entwicklung der Architektur in Österreich und darüber hinaus beträchtlichen Einfluß ausgeübt.