Villa Skywa-Primavesi
Josef Hoffmanns bekanntestes Werk in Wien ist nach seiner Renovierung 2007–08 wieder eine Besichtigung wert.
Josef Hoffmann errichtete für Robert Primavesi, Mitglied des Abgeordnetenhauses, Großgrundbesitzer und Großindustrieller, und für Josefine Skywa, seine Gefährtin nach dem frühen Tod seiner Frau, die Gartenvilla an der Stelle eines demolierten Altbaues. Diese Anlage in der Gloriettegasse 14 bestand aus Gärtnerwohnung und Stall mit dazwischenliegendem Hof und gehörte zum Haus Trauttmansdorffgasse 52. Ebenfalls auf dem Grund der heutigen Villa stand ein 1869 von Josef Kopf für Katharina Karolina von Görgey gebautes Haus mit Elementen des sog. „Heimatstiles” (Gloriettegasse 18).
Das auf einem nach Norden abfallenden Gelände gebaute neue Wohnhaus entspricht vorrangig dem Anliegen nach Würde und Repräsentation.
Josef Hoffmann reagierte vor allem bei der Gestaltung der Straßenfassade auf die in der Gloriettegasse vis-à-vis der Villa geschlossen erhaltene Bausubstanz aus den Jahren 1837–41 Gloriettegasse 31–43 mit einer eigenwilligen Interpretation klassizistischer Formelemente.
Die gegenüber dem 1905–11 von ihm errichteten Palais Stoclet in Brüssel von manchen Kritikern als Rückschritt interpretierte Gestaltung der Hietzinger Straßenfassade findet in dem 1914 ebenfalls von Josef Hoffmann für die Ausstellung des Deutschen Werkbundes in Köln errichteten Österreichischen Pavillon eine Entsprechung. In beiden Fällen wird eine durch Pfeiler rhythmisierte Front von giebelgekrönten Seitenrisaliten flankiert.
1929 richtete Hoffmann für den neuen Besitzer Dr. Leopold Panzer das Haus zum Teil neu ein. Das Arbeitszimmer wurde mit Nußholz vertäfelt, die Bibliothek verlegte man in das Eckzimmer neben dem ursprünglich für diesen Zweck eingerichteten Raum.
Ab 1942 war das Gebäude im Besitz der NSDAP, für die Zeit von 1945–49 ist im Grundbuch die Republik Österreich eingetragen. 1949–55 gehörte die Villa den Nachkommen Leopold Panzers, welche die gesamte Anlage 1955 an den Österreichischen Gewerkschaftsbund verkauften. Dieser verwendet die Villa bis heute als Bildungs- und Schulungszentrum.
1976/77 erfolgten gravierende Adaptierungsarbeiten im Hauptgebäude, in deren Verlauf vor allem die Nordfassade durch neue Fenster und Türen beträchtliche Veränderungen erfuhr. In der Halle wurde der Kamin entfernt. Die Lage des Teepavillons wurde im Zusammenhang mit der Pergola verändert.
Im wesentlichen ist jedoch die Bausubstanz in gutem Erhaltungszustand, und viele Details im Inneren sind unversehrt erhalten. 1992/93 wurde im Zuge einer aufwendigen Renovierung das Äußere dem Originalzustand entsprechend wiederhergestellt.
Die Villa gilt als das am aufwendigsten konzipierte Wohnhaus Hoffmanns in Wien und zugleich als herausragender Bau des Jugendstiles. Sie kann als typisches Beispiel für ein letztes imposantes Aufflackern einer bereits dem Tode geweihten Epoche österreichischer Geschichte und Kultur aufgefaßt werden. […]
Der Grundriß des Hauptgeschoßes ist in zwei verschiedene und voneinander abgesetzte Bereiche gegliedert: in den öffentlich-repräsentativen der Halle, des Speisesaales, des Salons, der Bibliothek, des Speisezimmers, des Wintergartens und der Gartenterrasse und in den privaten Bereich entlang der Südfassade. Er umfaßt ein ausgedehntes Bad mit Loggia, zwei Schlafzimmer, einen Ankleideraum und ein Arbeitszimmer.
Im Obergeschoß liegen Gästezimmer und Wirtschaftsräume, im Souterrain Kleiderablage und Toilette für Gäste sowie Räume für Servicefunktionen. An der Südfassade des Untergeschoßes befinden sich die Personalräume, an der Nordfassade die Küche. […]
Im Speisesaal liegen zwischen marmorverkleideten Wandflächen Felder mit sparsamer, auf die Bestimmung des Raumes bezugnehmender Stuckausgestaltung. „Die typischen Powolny-Motive, Frauenakt, Tier, Pflanzen und Früchte vereinen sich bei diesen Arbeiten zu einer Apotheose der Genußfreude (...)."