Zehn Jahre Zentrum für Speiseröhren- und Magenchirurgie

Foto: St. Josef Krankenhaus Wien / Fotografin: Alek Kawka

Endoskopische Untersuchungen sind wesentlich für die Behandlung von Erkrankungen im oberen Verdauungstrakt.

Im Jahr 2015 wurde im St. Josef Krankenhaus Wien ein eigenes Zentrum für Speiseröhren- und Magenchirurgie etabliert. Neben der Behandlung gutartiger Erkrankungen ist das Team unter der Leitung von Primarius Johannes Zacherl vor allem auf die Behandlung von Speiseröhren- und Magenkrebs spezialisiert.

„Seit 2012 gibt es die Vorgabe, dass ein Ösophaguskarzinom – also Speiseröhrenkrebs – nur in spezialisierten Zentren mit einer Mindestfallzahl von zehn Eingriffen pro Jahr operiert werden darf“, erklärt Primarius Johannes Zacherl die Entstehungsgeschichte des Zentrums. „Die Behandlung dieser relativ seltenen und hochkomplexen Tumoren erfordert nicht nur umfangreiche chirurgische Expertise, sondern auch eine exzellente Infrastruktur und ein interdisziplinäres Team – all das steht in unserem Haus zur Verfügung.“ Die Zahlen sprechen für sich: In den vergangenen zehn Jahren wurden im St. Josef Krankenhaus Wien mehr als 280 Speiseröhren- und über 260 Magenresektionen durchgeführt.

Speiseröhrenkrebs: Selten, aber umso herausfordernder
Mit jährlich etwa 450 Neuerkrankungen* in Österreich ist das Ösophaguskarzinom vergleichsweise selten. „Das Adenokarzinom der Speiseröhre hat viel mit dem westlichen Lebensstil zu tun: Übergewicht, wenig Bewegung, Alkohol, Stress, spätes und schweres Essen am Abend. All das führt zu vermehrtem Reflux und erhöht das Risiko“, so Primarius Johannes Zacherl. Die Erkrankung wird oft sehr spät diagnostiziert; meist suchen die Betroffenen aufgrund länger anhaltender Schluckbeschwerden oder ungewolltem Gewichtsverlust medizinischen Rat. Die Therapie umfasst häufig eine Kombination aus Operation, Chemotherapie und Bestrahlung. „Die Operationen sind meist sehr aufwendig und komplex“, betont Zacherl. Die Eingriffe dauern ca. sechs Stunden, der Krankenhausaufenthalt meist zehn bis 14 Tage.

Magenerhaltende Krebs-OP
Mit rund 1.200 Neuerkrankungen pro Jahr* ist Magenkrebs die zweithäufigste bösartige Erkrankung des Verdauungstrakts. In vielen Fällen muss der Magen komplett entfernt werden. Bei Tumoren, die sich am Übergang zwischen Speiseröhre und Magen befinden, gelingt es den Expert*innen des Zentrums im St. Josef Krankenhaus Wien mit einer relativ neuen Operationsmethode, einen Teil des Magens zu erhalten – ohne, dass dies onkologische Nachteile hat. Die Wiederherstellung der Nahrungspassage erfolgt so, dass die Nahrung zu einem Gutteil wieder durch den Zwölffingerdarm gelangt, was nach einer kompletten Magenentfernung nicht der Fall ist. Dies reduziert den Bedarf an Nahrungsergänzungsmitteln wie Eisen und Vitaminen und erhöht die Lebensqualität der Patient*innen erheblich.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit als Erfolgsfaktor
Die Behandlung von Speiseröhren- und Magenkrebs erfordert eine enge Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen. Internist*innen, Anästhesist*innen und Onkolog*innen betreuen die Patient*innen vor, während und nach der OP, Radiolog*innen unterstützen im Tumorboard und beim Komplikationsmanagement. Physiotherapeut*innen fördern die Mobilisierung, während Diätologinnen der Mangelernährung entgegenwirken – ein häufiges Problem bei Patient*innen mit Speiseröhren- und Magenkrebs. Die Pflegekräfte sorgen während des gesamten Aufenthaltes für eine hochprofessionelle Betreuung der Patient*innen.

Gutartige Erkrankungen: Hohe Expertise bei Reflux und Zwerchfellbrüchen
Das Team des Zentrums für Speiseröhren- und Magenchirurgie verfügt weiters über viel Erfahrung bei der Behandlung gutartiger Erkrankungen. „Die höchsten OP-Zahlen haben wir bei Zwerchfellbrüchen und Refluxbehandlungen“, so Primarius Zacherl. Daneben werden adipositaschirurgische Eingriffe durchgeführt und gutartige Erkrankungen der Speiseröhre behandelt, wie z. B. Aussackungen der Speiseröhrenwand (Divertikel) sowie Beweglichkeitsstörungen (z. B. Achalasie) oder Einengungen der Speiseröhre (Stenosen). „Auch in diesem Bereich sind wir sehr erfahren und werden oft für komplexere Behandlungen oder Sanierungen angefragt“, betont der Chirurg.

* Quelle: Statistik Austria