Bezirksgeschichte

Fertigteilhaus-Mustersiedlung

In den Vereinigten Staaten werden sie schon lange rasch und billig hergestellt – Einfamilienhäuser.

Die Musterausstellung vorfabrizierter Eigenheime in der Veitingergasse wurde durch die amerikanische Wirtschaftsmission angeregt – „Das amerikanische Eigenheim ist das Bollwerk der amerikanischen Freiheit“ – und durch das Österreichische Produktivitätszentrum 1953/54 errichtet.



In den Vereinigten Staaten hat die Vorfabrikation und damit die rasche und billige Herstellung von Einfamilienhäusern eine lange Tradition. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Produktion derartiger Eigenheime sprunghaft an. Die Voraussetzung dafür war u. a. die Finanzierungsmöglichkeit für schwächer Verdienende durch das sog. „Home Loan Bank System", eine Wohnbaubank, die nach einer Anzahlung von 10% der Gesamtkosten eine langfristige Ratenzahlung mit nur 4% Verzinsung gewährte. Dadurch war es einer großen Zahl vor allem junger Familien möglich, ein Einfamilienhaus – die in den USA bei weitem beliebteste Wohnform – zu erwerben. Der gängige Haustyp, das Ranch-Haus, ist ebenerdig, ohne Keller und Dachboden, besitzt einen großen Wohnraum mit dem sog. „Picture-window“, einem großen Fenster, mehrere Schlafräume sowie Küche und Nebenräume, ist mit allen technischen Haushaltserleichterungen ausgestattet und wird durch eine zentrale Luftheizung erwärmt.



Ein bis ins Detail durchdachtes System regelt Landerwerb, Produktion, Aufstellung und Verkauf. Die Vorware (850 Stück vorgeschnittenes, gefalztes, gebohrtes und numeriertes Holz) wird über Gleisanschluß zur Baustelle transportiert und dort samt den integrierten Leitungen und Einbaumöbeln zusammengebaut. Das Haus wird mit Asphaltschindeln gedeckt. Auf Wunsch liefert man die Bepflanzung der Gartenanlage mit. Eine Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten erleichtert die individuelle Gestaltung. Die Wandelemente bestehen aus geleimten Sperrhölzern, die bei geringem Gewicht große Festigkeit aufweisen.



1952 wurden in den USA 60 000 vorfabrizierte Eigenheime erzeugt. Im selben Jahr wurde der gesamte Erfahrungsschatz mit dieser Baumethode durch einen Planungsausschuß des Nationalverbandes der Heimbauer zusammengefaßt. Das so erstellte Haus hieß „Trade Secret House“ („Haus der Geschäftsgeheimnisse“) und wurde später auch „Haus der Zukunft” genannt.



In Österreich wurde bereits in den dreißiger Jahren im Bundesland Oberösterreich eine Bauordnung zur Förderung der Vorfabrikation erlassen. Seit 1946 wurde das „Austria”-Holzwohnhaus in Putzmantelbauweise erzeugt.

Es bestand daher auch in unserem Land bereits eine gewisse Tradition dieser Technik, als 1953 William K. Wittausch, ein amerikanischer Wohnbauspezialist, hierher kam und die Erfahrungen mit dem „Trade Secret House“ bekanntmachte. Sie sollten an österreichische Verhältnisse angepaßt und in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Produktivitätszentrum in einer Musterausstellung „Das Österreichische Fertighaus” verwirklicht werden. Man hoffte auf eine Ankurbelung des Marktes im Inland, aber auch auf ausländische Interessenten.



Der Baugrund für die Ausstellung wurde von der Gemeinde Wien zur Verfügung gestellt. Die Lage in unmittelbarer Nähe der Beamten-Siedlung „In der Hagenau“ (1904) (-> Bd. II) und der Werkbundsiedlung (1930–32) (-> Bd. II) ermöglicht interessante Vergleiche.



Die Architekten Roland Rainer und Carl Auböck wurden beauftragt, ein System vorfabrizierter Holzelemente zur Herstellung vollständig eingerichteter und technisch bestens ausgestatteter Häuser vorzuschlagen. Der Holztafelbau hat sich gegenüber der Stahl- und Aluminiumbauweise durchgesetzt. Die Wärmeisolierung der Wände entspricht der von 51 cm dicken Ziegelmauern.



Um der Öffentlichkeit die verschiedenen Möglichkeiten der Grundrißbildung, die Konstruktion, die äußere und innere Gestaltung und die Möblierung zu zeigen, war eine Gruppe von 15 Häusern zu planen sowie deren Ausführung und Möblierung zu leiten. Die Ausstellung wurde im Herbst 1954 eröffnet und war sechs Wochen lang der Öffentlichkeit zugänglich. Sie wurde von 40 000 Besuchern gesehen. Die Häuser wurden zu günstigen Bedingungen zum Kauf angeboten: 15% der Gesamtkosten mußte der Bauwerber sofort erlegen, der Rest der Finanzierung erfolgte durch ein Darlehen der Bausparkasse im Rahmen der Wohnbauförderungsaktion aus ERP-Mitteln mit einer Laufzeit von 29 Jahren und 5,25% Verzinsung.



Die Fertigteilhaus-Mustersiedlung in der Veitingergasse stellt einen in der Praxis bewährten Versuch dar, Ruhe und Naturverbundenheit bester Wiener Bautradition mit auf dem letzten Stand befindlichem Herstellungsverfahren sowie hohem technischen Komfort zu verbinden und unter günstigen Konditionen anzubieten.

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