Wenzgasse 12
Dieses Haus von Josef Frank und Oskar Wlach mit seiner durchkomponierten Raumfolge wurde für Julius und Margarete Beer erbaut.
„Ein gut angelegtes Haus gleicht jenen schönen, alten Städten, in denen sich selbst der Fremde sofort auskennt und, ohne danach zu fragen, Rathaus und Marktplatz findet.“
Das für Julius und Margarete Beer gebaute dreigeschoßige Einfamilienhaus mit starkem Bezug zum Garten hat schon bald nach seiner Errichtung eine Bedeutung erlangt, die es über die Funktion als Wohnraum weit hinausgehoben hat. Heute ist es Lehrbeispiel.
Trotz der immer wieder zitierten Verwandtschaft der architektonischen Haltungen von Loos und Frank kann man gerade an diesem Haus erkennen, wie weit der um eine Generation jüngere Frank die Raumideen von Loos weiterentwickelt hat. Dessen zwar neu interpretiertes, aber in den Achssystemen und Symmetrien immer noch deutlich erlebbares „klassisches“ Erbe wird bei Frank völlig überwunden. Die in der Architektur von Loos gegebenen Abgrenzungen zur Außenwelt durch den geglätteten Block der Bauhülle, seine Bestimmtheit und Strenge der komplexen Innenstruktur durch Pfeilerstellungen, Brüstungen und festgefügte Einbaumöbel finden bei Frank keine Entsprechung mehr. Franks Häuser sind gleichsam zentrifugal nach außen orientiert, die Wände sind häufig geöffnet, das Mobiliar steht frei.
Die Raumfolgen sind neuen Inhalten entsprechend frei durchkomponiert. Die bei Loos mit virtuoser Sicherheit zu perfekter Harmonie fest zusammengefügten Räume wirken bei Frank freier, gelöster, transparenter und auch eher wie zufällig. „Gedanke, Empfindung und Form gehen hier vollkommen zusammen. Und alles wird Raum.“
Eine ideale Hilfestellung zum Verständnis für den Bau in der Wenzgasse ist Franks Schrift „Das Haus als Weg und Platz“, in der er versucht, Richtlinien und Merkmale moderner Architektur in ihrer bestmöglichen Erscheinung anhand gerade dieses Hauses zu formulieren. [...]