Haus Scheu
Dies ist das einzige Terrassenhaus, das Adolf Loos baute, es gilt als das erste Mitteleuropas.
„Ich hatte bei dem Entwurf dieses Hauses nicht im entferntesten an den Orient gedacht. Ich meinte nur, daß es von großer Annehmlichkeit wäre, von den Schlafräumen, die sich im ersten Stockwerke befanden, eine große, gemeinschaftliche Terrasse betreten zu können (...). Seit der Erfindung des Holzzementdaches (Kiesdach) und seit der Verwendung des Asphalts ist auch das flache Dach und somit auch die Terrasse möglich. Mitte des 19. Jahrhunderts ging der Traum in Erfüllung.“
Das einzige Terrassenhaus, das Loos baute, gilt auch als das erste Terrassenhaus in Mitteleuropa. Es wurde für den mit Loos befreundeten Rechtsanwalt und Gemeinderat (als solcher Berater für das Wohnungswesen in Wien) Gustav Scheu (1875–1935) und dessen Frau, die Schriftstellerin Helene Scheu, errichtet. G. Scheu war 1917/18 einer der Initiatoren des Mieterschutzrechtes und zählte zu den Anhängern der Gartenstadtbewegung; sein Haus wurde zu einem geistigen und gesellschaftlichen Mittelpunkt der Vertreter dieser Wohnauffassung in Wien.
Der Wunsch der Bauherrschaft nach Öffnung der Wohn- und Schlafräume ins Freie sowie unterschiedlicher Raumbedarf in den drei Wohngeschoßen führten zur Entscheidung für die damals sehr ungewöhnliche Lösung eines Terrassenhauses.
Widerstände der Anrainer und Behörden fanden laut Baukonsens vom 8. 10. 1912 in der Verpflichtung für Loos Ausdruck, die glatten Fassaden bewachsen zu lassen und für das Nachbargrundstück einen Bebauungsplan in gekuppelter Bauweise auszuarbeiten. Der Besitzer der angrenzenden Realität, Anker-Steinbaukasten-Fabrik (-> Bd. I, S. 31) war Dr. Oskar Richter. Er verpflichtete sich, ein eventuelles Bauvorhaben auf diesem Grundstück an die Planskizze von Loos anzupassen.
Der Gedanke des Terrassenhauses fand bei Loos in dem 1923 entstandenen Projekt für das an der Riviera zu errichtende „Grand-Hotel Babylon“ eine ausgeprägte Formulierung.
Das Haus Scheu wurde mehrfach verändert: 1923 wurde die Terrasse im zweiten Obergeschoß, später auch jene im ersten Obergeschoß überbaut. 1978/79 erfolgte durch Heinz Neumann und Sepp Frank eine Generalrenovierung und damit im wesentlichen eine Rückführung in den ursprünglichen Bauzustand. [...]