Bezirksgeschichte

Villa Blum

Villa eines hietzinger Wachstuchfabrikanten, heute Hochschule für Agrar-und Umweltpädagogik.

Auf dem ausgedehnten Grundstück (ca. 30 000 m2), das die Anhöhe des Trazerberges miteinschließt, stand mit großer Wahrscheinlichkeit bereits um 1800 ein Gebäude. Der Besitz ist im Franziszeischen Kataster-Plan von 1819 eingezeichnet und ist neben der 1797 errichteten Villa am Nordhang des Trazerberges das einzige um 1800 in St. Veit abseits der damals bestehenden Straßenzüge gebaute Anwesen. 1869 ist es im Plan Artaria & Comp. als aus einem Hauptbau und vier Nebengebäuden bestehend zu erkennen.



Der grobe Grundriß eines um 1880 errichteten und bereits als Villa zu bezeichnenden Gebäudes ist im Situationsplan aus dem Jahr 1893 ersichtlich. Damals war die Anlage im Besitz von Carl Schulda. Gegen Westen bestand eine zweiarmige Auffahrt zum Haupteingang im Mittelrisalit. Gewundene Wege und mehrere Treppen führten zu der Gartenanlage im Norden und Osten der Villa. Auf der Anhöhe des Trazerberges stand ein Aussichtsturm, der in modifizierter Form noch heute existiert. Dieser Plan zeigt auch das ebenfalls bis in die Gegenwart erhaltene Nebengebäude (ehemals Portierhaus) an der h. Angermayergasse (früher Maier-Gasse). Das ungefähre Aussehen der Villa ist auf einem um 1880 gemalten Aquarell von Ludwig Hans Fischer (1848–1915) zu erkennen. Über der Hauptfassade gegen Westen befand sich eine Attika.



Unter dem Besitz des Großindustriellen Dir. Isidor Schlesinger kam es 1916 zu einem Planentwurf Carl Witzmanns für ein Gärtnerwohnhaus, einen Schupfen und ein neues Gewächshaus mit neun separat angeordneten Glasbeeten. Diese Planung wurde in etwas abgeänderter Form erst 1923 unter dem damaligen Besitzer Leopold Blum, der das Anwesen 1918 gekauft hatte, ausgeführt. Blum, Besitzer der Wachstuchfabrik Blum & Haas in der Eitelbergergasse, gab Carl Witzmann auch den Auftrag für die Planung eines Einfamilienhauses an der Stelle der alten Villa, die um 1921 abgetragen worden war.



1934/35 gestaltete der Gartenarchitekt Josef Oskar Wladar einen „Gesellschaftsplatz“ an der Nordseite der Villa. Die Terrasse über die gesamte Breite des Hauses diente auch zur Entwässerung des Hanges; der Wasserlauf wurde in einem beleuchteten Blumenbeet gefaßt.



Eine Stützmauer in zwei Ebenen und eine Treppe sind überleitende Elemente zum Garten. Verschiedene Pflanzen und bewachsene Fugen des Plattenbelages stellen eine weitere Verbindung dieses „Wohnraumes“ im Freien mit dem Garten her.



1941 beschlagnahmte die Gestapo den gesamten Besitz; 1942 kaufte Prof. Dr. Ernst Heinkel die Anlage. Der Gründer der Ernst-Heinkel-Flugzeugwerke – er entwickelte 1938/39 das erste Turbinen-Luft-Strahltriebwerk der Welt – ließ 1943 die Villa adaptieren und an der Ostseite einen dreiachsigen Anbau errichten. Im Souterrain entstanden ein Archiv und Entwurfsbüros, im Erdgeschoß Modellraum, Arbeitszimmer und Halle, im ersten Stock ebenfalls Arbeitsräume und eine Halle. Der Architekt für diese der Rüstung dienenden Um- und Einbauten war Hans Payer.



Die in den Südhang gegrabenen alten Kelleranlagen wurden von Heinkel ausgebaut und dienten während des Zweiten Weltkrieges zur Herstellung von Flugzeugmotoren. Nach dem Krieg waren die Räume Obstlager; heute sind sie wegen des eingedrungenen Grundwassers gesperrt. Ein Großteil der Anlage ist infolge Abmauerung überhaupt nicht mehr zugänglich.



1947 wurde dem Rückstellungsbegehren der Tochter Leopold Blums stattgegeben, 1950 war sie Eigentümerin der Liegenschaft, 1951 übergab sie den Besitz ihrer Mutter, die ihn 1952 an das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft verkaufte. Das Ministerium richtete hier ein Bundesseminar für das land- und forstwirtschaftliche Bildungswesen ein.



1958/59 erfolgte erneut ein umfangreicher Um- und Ausbau des Gebäudes (Hörsaal für 100 Personen, drei Klassenräume, Bibliothek, Verwaltungskanzleien und ein Heim für ca. 70 Studenten). Rasant steigende Schülerzahlen führten zu Planungen des Bundesseminars in Zusammenarbeit mit Arch. Kurt Keiter für eine zweite Erweiterung. Aus Geldmangel kam es 1978 lediglich zu einem Provisorium, einem Klassenpavillon, der zwischen der ausgebauten Villa und dem alten, noch zur ursprünglichen Anlage gehörenden Trakt an der Straße liegt. [...]

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